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Das ‚duale Modell‘ der Berufsbildung wird häufig auf das Vorhandensein zweier Lernorte, Schule und Betrieb, reduziert. Dadurch wird die komplexe und vielfältige Ausgestaltung der dualen Berufsbildung, wie sie sich nicht nur international, sondern auch innerhalb der Schweiz zeigt, stark unterschätzt. Die Studie zielt darauf ab, die Varianten in der Regulierung und Gestaltung der Berufsbildung in der Schweiz genauer zu bestimmen, um die Konturen des dualen Modells zu schärfen.
Es wird davon ausgegangen, dass die Steuerung der beruflichen Bildung sehr heterogen ausfällt und diese Variabilität maßgeblich durch die Programmatik der Berufe bestimmt wird. Aus diesem Facettenreichtum resultieren letztlich unterschiedliche Lern- und Ausbildungswelten.
Während das korporatistische Gefüge der schweizerischen Berufsbildungspolitik auf einer systemischen Ebene relativ breit erforscht ist, fehlen Studien über die dezentrale Kooperation sowie darüber, was die Unterschiede in der Steuerung der Berufsbildung strukturiert. Hier setzt das Forschungsvorhaben an und nimmt die Verbundpartnerschaft – bestehend aus Bund, Kantonen und Organisation der Arbeitswelt (OdA) – insgesamt in den Blick, fokussiert jedoch insbesondere die nicht-staatlichen Akteure, die so genannten OdAs. Diese werden in der tripartiten Struktur als Einheit präsentiert, tatsächlich setzen sie sich jedoch aus heterogenen Akteuren zusammen, sind weder per Gesetz eindeutig definiert noch nehmen sie in der Praxis dieselben Rollen ein. Entsprechend tragen diese differierenden Ausgestaltungen der OdAs massgeblich zu den Unterschieden hinsichtlich der Steuerung der Berufsbildung bei. Die Studie will das Räderwerk der OdAs beleuchten, die Akteurskonstellationen, Aushandlungsprozesse, Dynamiken und Mechanismen zwischen den Akteuren analysieren sowie die Faktoren extrahieren, welche die Unterschiede formen und prägen.
Die Studie ist komparativ angelegt. Es werden exemplarisch zwei Berufsfelder – Nahrung und Elektrotechnik – verglichen. Beide Bereiche zeigen eine weite Spannbreite von hoch technisierten, international tätigen Firmen bis zu kleineren Betrieben mit regionaler Ausrichtung. Die Analyse setzt an den zwei Ebenen der Governancestrukturen und der „belief systems“ bzw. Deutungsmuster der Akteure an. Untersucht werden maßgebliche Dokumente der Steuerung wie die Bildungsverordnungen und die Bildungspläne. Zusätzlich werden leitfadengestützte Experteninterviews und Gruppendiskussion durchgeführt.
Das Projekt möchte primär über die Bereitstellung einer empirischen Basis zur
Entwicklung wissenschaftlicher Theorien zu unterschiedlichen Steuerungs- und Gestaltungsformen dualer Berufsbildungsmodelle beitragen. Das dadurch generierte Wissen kann weiterführend dafür genutzt werden, aktuelle Herausforderungen für das duale Berufsbildungsmodell, wie zunehmende Technologisierung, Tertiarisierung und Fachkräftemangel im Schweizer Arbeitsmarkt, sowie daraus resultierende Forderungen nach Flexibilisierung und Öffnung der Berufsbildung differenzierter anzugehen.
Projektdauer: 2017 - 2020