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Institut für Erziehungswissenschaft LifE-Studie: Lebensverläufe ins frühe Erwachsenenalter

Praktische Durchführung der Studie

Langfristige Panel-Untersuchungen wie die LifE-Studie sehen sich bei ihrem Beginn häufig mit mannigfachen Problemen konfrontiert. Zu den größten Herausforderungen gehört es jeweils, die früheren Befragten wieder zu finden und nochmals zur Teilnahme an der Untersuchung zu bewegen. Oft sind seit der letzten Befragung mehrere Jahre ohne die Möglichkeit der Kontaktaufnahme vergangen, in denen viele Probanden zum Teil mehrmals den Wohnort gewechselt haben. Es Bedarf zudem nicht selten einer großen Überzeugungskraft, um das Interesse an der Studie neu zu wecken und Bedenken bezüglich des Missbrauchs von persönlichen Angaben aus dem Wege zu räumen. Ausfälle sind daher fast unvermeidlich.

Die LifE-Studie sah sich bei der Rekrutierung der Probanden ebenfalls vor hohe Anforderungen gestellt. Der letzte Kontakt hatte vor fast zwei Jahrzehnten im Rahmen der Jugendstudie stattgefunden. Die große zeitliche Distanz ließ schon für sich alleine einen erheblichen Suchaufwand erwarten. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass die zurückliegende Zeitspanne bei einem großen Teil der Befragten durch eine lebensgeschichtlich besonders ausgeprägte geografische Mobilität gekennzeichnet war und viele weibliche Teilnehmerinnen in der Zwischenzeit im Zusammenhang mit einer Heirat einen Namenswechsel vollzogenen hatten.

Die Suche nach den Adressen gestaltete sich denn auch entsprechend aufwändig. In einem ersten Schritt wurde in den öffentlich zugänglichen Adressverzeichnissen der Deutschen Telecom und der Deutschen Post nach dem neuen Aufenthaltsort der Probanden oder dem Wohnort der Eltern gesucht. Als Grundlage für die Recherche dienten die alten, in vielen Fällen unvollständigen Adressen aus der Zeit der Jugendstudie. Ergänzt wurde dieses Verfahren durch Anfragen bei Institutionen wie Jugendheimen, die im Jugendalter den Wohnort von einzelnen Befragten gebildet hatten. Die Suchstrategie wurde nach einer längeren Phase der unspezifischen Recherche auf eine gezielte Suche nach bis dahin im Adressbestand untervertretenen Personengruppen angepasst. Zur Identifikation dieser Gruppen konnten Informationen aus der Jugendstudie herangezogen werden. Auf diese Weise gelang es 1'737 Adressen von Eltern (70.3 Prozent) und 733 Adressen von Probanden (29.7 Prozent) zu ermitteln. Angaben zum Aufenthaltsort von weiblichen Versuchspersonen waren dabei, wie erwartet, untervertreten.

In einem zweiten Arbeitsschritt wurden die Eltern im Rahmen einer postalischen Befragung mit einer schriftlichen und einer telefonischen Erinnerung um die Adresse ihrer Kinder gebeten. 1'287 Informationen zum aktuellen Wohnort der Kinder gingen auf diese Anfrage ein. Dies entspricht einer Ausschöpfungsquote (um stichprobenneutrale Ausfälle bereinigter Rücklauf) von 84.5 Prozent. Für die Befragung der ehemaligen Jugendlichen standen damit am Ende der Recherche insgesamt 2'020 Adressen zur Verfügung.

Als Verfahren für die Datenerhebung bei den Probanden wurde analog zur Kontaktaufnahme mit den Eltern eine postalische Befragung in Anlehnung an die Empfehlungen von Dillman (1978; 2000) mit einer schriftlichen und telefonischen Erinnerung gewählt. In Erweiterung zum Vorgehen bei den Eltern wurde nun aber beim Versand des Fragebogens ein monetärer Anreiz in der Höhe von 10 Euro beigelegt und nach der telefonischen Erinnerung selektiv eine Postkarte zur Verstärkung der am Telefon gemachten Zusagen verschickt.

Die Vergabe materieller Anreize (insbesondere monetärer Art) und die Durchführung von Erinnerungsaktionen (Follow-Ups) stellen nach einschlägigen Befunden die wirksamsten untersuchungstechnischen Maßnahmen zur Steigerung der Rücklaufquote in postalischen Befragungen dar (Church, 1993; Porst, Ranft & Ruoff, 1998; Berger, 2006). Vor ihrem Hintergrund sind in der Regel (bei deutlich geringeren Untersuchungskosten) Beteiligungen zu erwarten, die mit Face-to-Face-Untersuchungen vergleichbar sind und in vielen Fällen in die Nähe von Telefonstudien kommen (Porst, 1996; Reuband & Blasius, 1996). In der vorliegenden Studie waren bei der Wahl der Untersuchungsform vor allem Überlegungen zur Ausgestaltung des Forschungsinstrumentariums ausschlaggebend. Eine sinnvolle Erforschung der Untersuchungsthematik ließ es nämlich als unumgänglich erscheinen, auch persönliche Fragen und weniger erfreuliche Seiten des Lebensverlaufs anzusprechen. Eine postalische Befragung versprach bei dieser Ausgangslage die größte Aussicht auf vollständige und wahrheitsgetreue Aussagen. In ihrem Kontext werden im Vergleich zu mündlichen und telefonischen Befragungen bei den Probanden oft eine größere Bereitschaft zur Selbstoffenbarung sowie ein geringeres Ausmaß an Erwünschtheitseffekten bei abweichenden Verhaltensweisen und bei negativ bewerteten Eigenschaften beobachtet (Sudman & Bradburn, 1982; De Leeuw, 1992; Reuband & Blasius, 1996).

Die Befragung der ehemaligen Jugendlichen führte schließlich zu einem vergleichbar hohen Rücklauf wie die Kontaktaufnahme mit den Eltern. 1'527 Personen schickten den Fragebogen ausgefüllt zurück, was einer Ausschöpfungsquote von 82.4 Prozent entspricht. Bezogen auf die Grundgesamtheit aller mindestens einmal an der Jugendstudie beteiligten Personen betrug der Rücklauf 52.8 Prozent. 575 Personen konnten zu allen sechs Messzeitpunkten der Längsschnittstudie befragt werden; 579 machten vier- oder fünfmal mit; der Rest (373) zwei- oder dreimal.

Das beachtliche Ergebnis kann im Nachhinein zu einem wesentlichen Teil auf die Durchführung einer Voruntersuchung im Jahr 2001 zurückgeführt werden (Berger, Grob, Fend & Lauterbach, 2005). Sie bestand aus einem Small-Scale Testlauf zur Überprüfung der verschiedenen Designelemente und des Fragebogens und aus einem kognitiven Pretest. Die Erkenntnisse der Voruntersuchung führten beim Elternkontakt zu einer Steigerung des Rücklaufs von 17.7 Prozent und in der Hauptuntersuchung mit den Probanden von 12.8 Prozent. Verbesserungen wurden unter anderem in der Terminierung der Erinnerungsaktionen, bei den Untersuchungsmaterialien, bei der Gesprächsführung im Rahmen der Telefonkontakte sowie beim Einsatz der monetären Anreize vorgenommen.

Literatur:

Berger, F. (2006). Zur Wirkung unterschiedlicher materieller Incentives in postalischen Befragungen. Ein Literaturbericht. ZUMA-Nachrichten, 58, 81-100.

Berger, F., Grob, U., Fend, H. & Lauterbach, W. (2005). Möglichkeiten zur Optimierung der Rücklaufquote in postalischen Befragungen. Bericht über die Vorstudie zum Forschungsprojekt LifE. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 25 (1), 99-107.

Church, A. H. (1993). Estimating the effects of incentives on mail survey response rates: A meta-analysis. Public Opinion Quarterly, 57, 62-79.

De Leeuw, E. D. (1992). Data quality in mail, telephone, and face to face surveys. Amsterdam: TT-Publ.

Dillman, D. A. (1978). Mail and telephone surveys: The total design method. New York: John Wiley & Sons.

Dillman, D. A. (2000). Mail and internet surveys. The tailored design method. New York: John Wiley & Sons.

Porst, R. (1996). Ausschöpfungen bei sozialwissenschaftlichen Umfragen. Die Sicht der Institute. ZUMA-Arbeitsbericht, 96/07.

Porst, R., Ranft, S. & Ruoff, B. (1998). Strategien und Maßnahmen zur Erhöhung der Auschöpfungsquoten bei sozialwissenschaftlichen Umfragen. Ein Literaturbericht. ZUMA-Arbeitsbericht, 98/07.

Reuband, K.-H. & Blasius, J. (1996). Face-to-Face-, telefonische und postalische Befragungen: Ausschöpfungsquoten und Antwortmuster in einer Großstadt-Studie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (48), 296-318.

Sudman, S. & Bradburn, N. M. (1982). Asking questions: A practical guide on questionnaire design. San Francisco: Jossey-Bass.

Weiterführende Informationen

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